Grün-As
Leipzig Grün-As Stadtteilmagazin

Editorial

Grünfläche

liebe Leserinnen und Leser, vielleicht ist es Ihnen beim Anblick unseres Titelbildes ähnlich gegangen wie mir: Was vor zehn Jahren in Grünau an allen Ecken und Enden zu sehen war, löst heutzutage Erstaunen aus. Ein Berg von Betonschutt – Überreste eines einstigen Wohnhauses. Nicht älter als 30 Jahre.

Zugegeben: Die Gebäude waren – wie sagt man so schön – ziemlich runtergeratzt und glaubt man dem Eigentümer, der WG Lipsia, auch nicht gut nachgefragt. Das wiederum könnte am Zustand gelegen haben und schon sind wir bei der Frage nach der Henne und dem Ei. Aber das nur nebenbei. In Zeiten, in denen in Leipzig Wohnraum spürbar knapper wird, mutet der Abriss ganzer Wohnblöcke absurd an. In Grünau ist die Lage zwar noch nicht so prekär wie in der Gesamtstadt, aber auch hier wird es immer schwerer, eine gute Wohnung in schöner Lage und ausreichender Größe zu finden. Selbst wenn man nicht auf jeden Cent achten muss.

Warum nun der Abriss in der Liliensteinstraße? Gemunkelt wurde es ja schon lange. Schon als der erste Block vor zwei Jahren fiel, sagten einige voraus, dass die ganze Scheibe verschwinden wird. Das scheint sich nun mit dem Abriss des zweiten Gebäudes zu bestätigen. Zuzüge wurden lange Zeit verhindert, man kann nur mutmaßen, ob es tatsächlich keine Interessenten für die Wohnungen gab. An der Lage im WK 8.3 direkt am Grüngürtel, mit Übergang zur Siedlung und nach Lausen dürfte es eher nicht gelegen haben.

Wer sich mit der Firmen-Strategie der Lipsia ein wenig beschäftigt, der kommt zu dem Schluss, dass das Wohnungsunternehmen nicht planlos agiert. Die Genossenschaft setzt auf höherwertigen Wohnraum und damit finanziell besser gestelltes Mietklientel. Projekte wie die Kulkwitzer See Terrassen und der Hochhausneubau machen das nicht zuletzt deutlich. Eine umfassende Sanierung ihrer Bestände, die in der Liliensteinstraße unbedingt erforderlich gewesen wäre, um ihrer Linie treu zu bleiben, war aus Sicht der Lipsia anscheinend nicht rentabel genug. Lag oder liegt es an den beiden Unterkünften für Geflüchtete in unmittelbarer Nähe? Es ist sicher kein Zufall, dass die Entscheidung für den Abriss justament in den Zeitraum fällt, als die ehemalige Kita zum Heim für Asylbewerber umfunktioniert wurde.

Natürlich hätte die Lipsia ihre Häuser für dezentral untergebrachte Asylbewerber öffnen oder für sozial Benachteiligte vorhalten können. Der Bedarf ist da. Der Wille nicht. Aber das kann man einem Unternehmen auch nicht zum Vorwurf machen. Die Stadt, welche mittlerweile einen Abriss-Stopp verhängt hat, beziehungsweise keine Fördergelder mehr für Abbruch ausreicht, sah zumindest keine Möglich- oder Notwendigkeit zur Intervention. Wie die entstehende Freifläche von nicht unerheblichem Ausmaß perspektivisch zwischen- oder nachgenutzt wird, wird sich zeigen. Vielleicht entsteht ja an dieser Stelle der nächste Neubau.

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