Neuer Träger
für KOMM-Haus gesucht
Nun also doch und alles ganz schnell: Am 2. Mai gab das Kulturamt der Stadt Leipzig bekannt, dass es ein Interessenbekundungsverfahren zur kulturellen Betreibung des KOMM-Hauses gestartet hat. Die Einrichtung am westlichen Rand Grünaus ist das letzte kulturelle Stadtteilzentrum in kommunaler Trägerschaft und soll nun an einen freien Träger übergeben werden. »Potentielle Bewerber können ihre Angebote bis 8. Juni 2018 einreichen«, heißt es wörtlichin der Information der Verwaltung. Am 1. Januar 2019 soll der neue Betreiber dann bereits seine Arbeit aufnehmen. Unterstützt durch eine institutionelle Förderung, die Miet-, Betriebs-, Personal- und Sachkosten umfasst.
Seit drei Jahren liegt der Trägerwechsel nun schon »in der Luft«. Ein Blick zurück: Am Jahresende 2014 kommen erste Gerüchte auf, das KOMM-Haus könne geschlossen werden. Damals versieht von ehemals zwei Mitarbeitern nur noch einer seinen Dienst in der Einrichtung – und das auch nur noch an drei Tagen in der Woche. Langjährige Nutzer sind verunsichert, können nicht mehr wie gewohnt ihre Veranstaltungen durchführen. Soziale Angebote wie Kleiderkammer, Schuldner- und Arbeitslosenberatung finden nicht mehr statt.
Begründung seitens des Kulturamtes: »Das KOMM-Haus ist per Definition kein soziokulturelles Zentrum. Wir sind nur für Kultur zuständig.« Gleichwohl gibt die Verwaltung zu, dass sich die Bedarfe in Grünau stark gewandelt haben, Bedarfe, die die Stadt in ihrer Struktur als Betreiber nicht abdecken könnte. Sie stellt das Konzept auf den Prüfstand und startet ein Evaluationsverfahren, bei dem ämterübergreifend analysiert wird, in welcher Form das Haus weiterbetriebenwerden soll. Im Bericht, welcher zum Abschluss des Verfahrens verfasst wird und im August 2015 vorliegt, steht wenig Überraschendes: Als einzig mögliche Lösung wird die Übergabe in freie Trägerschaft gesehen. Frühestmöglicher Termin Januar 2017.
Im Jubiläumsjahr Grünaus, also 2016, holt sich das Kulturamt den Verein »Villa« mit ins Boot, um zum einen die personelle Situation im KOMM-Haus zu entschärfen. Andererseits soll mit punktuellen Projekten, wie dem Lipdub-Video (2016) und den Tastentagen (2017) »soziokulturelle Arbeit am Standort auf der Grundlage einer Förderung durch das Kulturamt erprobt werden«, wie es damals heißt.
Lipdub schön, Tastentage gut – es sind Ausnahme-Aktionen, die dem Stadtteil zwar kulturell wohltaten und Resonanz über seine Grenzen hinweg erzeugten, aber am Gros der Grünauer leider schlicht vorbeigingen. Hinzu kommt, dass solche Projekte nicht das Alltagsgeschäft eines soziokulturellen Zentrums sind. Seit vielen Jahren hat sich die Bewohnerstruktur gewandelt, mit Abriss ganzer Häuserscheiben im WK 8, sind dem KOMM-Haus auch etliche Nutzer und Besucher weggebrochen. Selbst hochkarätige Künstler saßen zuweilen vor einer Handvoll Gäste.
Kultur in Grünau ist schwierig – das weiß jeder, der sich in diesem Bereich engagiert – und finanziell selbst tragend kaum zu stemmen. Nicht umsonst schreibt das Kulturamt in seiner Medieninformation zum Start des Interessenbekundungsverfahrens, dass es bislang »aufgrund der Spezifik der Großwohnsiedlung Grünau (…) keine Alternative zu einer öffentlichen Trägerschaft gab«.
Nun also doch und alles ganzschnell: Potentiell interessierten Vereinen gesteht man gerade einmal vier Wochen Zeit zu, sich mit den Gegebenheiten vor Ort vertraut zu machen und ein Konzeptzu erarbeiten mit allem Drum und Dran. Kaum vorstell- und schaffbar. 2016 argumentierte das Kulturamt die mit zwei Jahren langfristig anberaumte Übergabe übrigens wiefolgt: »um ausreichend Zeit für ein Auswahlverfahren für die freie Trägerschaft zu sichern«. Fakt ist: Die Stadt zieht sich einmal mehr aus Grünauer Verantwortlichkeiten zurück – wohlweißlich, dass geradedieser Stadtteil ein kommunales Engagement auch in kultureller Hinsicht bitter nötig hat.
Klaudia Naceur