Das wilde Wäldchen am Rande der Stadt
Fünf Jahre Urbaner Wald
Vor fünf Jahren, am 30. April 2013, wurden die ersten kleinen Bäumchen in die Erde einer ehemals bebauten Fläche im WK 7 gepflanzt. Später kamen weitere hinzu. Es wurden Wege angelegt, entstanden kleine Inseln mit Sitzgelegenheiten, Aussichtstürmen und am Rande sogar ein Sport- und Freizeitbereich mit Streetballanlage und Tischtennisplatten. Der Urbane Wald war geboren und konntebereits im Juli desselben Jahres freigegeben werden. Teile des fünfeinhalb Hektar großen Stadt-Waldes waren damals eingezäunt, um dennoch jungen Gehölzen ein ungestörtes Wachstum zu ermöglichen.
Seither hatte das Wäldchen Zeit, sich zu entwickeln. Die Bäume sind mittlerweile beinah alle hüfthoch –auch dank der sogenannten Kulturpflege, die bis vor Kurzem durch eine Forstfirma regelmäßig vorgenommen wurde. Den wilden Charakter eines Waldes verhinderte das allerdings nicht. Und so mehrten sich in jüngerer Vergangenheit kritische Stimmen, welche die Verwahrlosung und Vermüllung anmahnten. Grund genug für den Quartiersrat, sich der Sache anzunehmen.
Am 7. Mai luden sie sich darum die zuständige Landschaftsplanerin Regina Dietrich und Revierförster Martin Opitz in ihr Gremium. »Jetzt wird es erst richtig wild«, schockt Regina Dietrich die Anwesenden gleich zu Beginn. Grund seider abgelaufene Vertrag mit ebenjener Firma, die sich zunächst um die Pflege des Wäldchens gekümmert hat. »Aber«, so Dietrich weiter »ein Wald ist nicht mit einem Park oder einer Grünfläche gleichzusetzen. Es gibt keine Bewirtschaftung.«
Lediglich die Wegewürden demnach frei gehalten und der Müll beräumt. Letzteres, gibt Förster Opitz zu, sei in der Tat in Grünau ein Problem, welches bei den beiden anderen Modell-Wäldchen auf Leipziger Gebiet –in Stötteritz und Plagwitz – nicht so eine große Rolle spiele. Das Grünauer Projekt hat jedoch geradedurch die unmittelbare Nähe zur Wohnbebauung sowie die eher walduntypische Wegeführung, die obendrein sogar beleuchtet ist, einen ganz besonderen Charme.
Petra May vom Grünauer Bürgerverein hakt nach: »Die Leute haben eine ganz schlimme Wahrnehmung von der Fläche. Sie wünschen sich das alles irgendwie hübscher.« Die Grünauerin regt an, am Rand doch ein paar Blumenzwiebeln zu pflanzen. Zudem sei ihr aufgefallen, dass die Hochsitze kaum genutzt würden. Für sie hätte man lieber einige Starkbäumesetzen sollen. Dem entgegnet die Landschaftsplanerin, dass man nicht einen einzigen Großbaum für das Geld der Hochsitze hätte anschaffen können. Der Urbane Wald sei eben ein Modell-Projekt, bei dem unter anderem untersucht wird, inwieweit städtische Brachflächen kostengünstig nachgenutzt werden können. Dabei spiele die autarke Entwicklung eines solchen Areals eine wesentliche Rolle. Außerdem gebe es auf der Flächebereits größere Gewächse, die seitjeher zum Straßenbegleitgrün gehörten.
»Ein bisschen Geduld müssen die Grünauer noch aufbringen«, so Regina Dietrich und Martin Opitz abschließend. Frühestens in fünf Jahren sei der Charakter eines Waldes an der Neuen Leipziger Straße vorsichtig erkennbar. Bis man von Wald sprechen könne, würden mindestens zehn weitere Jahre vergehen. Wer wissen möchte, wie ein 20 Jahre alter Forst aussieht, kann sich das Wäldchen am Kreisel Saturnstraße / Miltitzer Straße anschauen. Dieses ist Ende der 90-er entstanden. Natur will eben Weile haben. Dennoch lohnt sich der Besuch des wilden Wäldchens auch heute schon. Die Hochsitzeladen zum Blick über die noch winzigen Wipfel ein, es summt, es zwitschert und bald sieht es auch so aus, wie es sich anhört.
Klaudia Naceur