Bis die Sterne zittern: Autorenlesung im KOMM-Haus
Ausstellung über Leipziger Widerstandskämpfer endet am 16.3.
Am 12. Januar – also justament an dem Tag, an dem vor 73 Jahren sieben Leipziger Antifaschisten von den Nazis in Dresden hingerichtet wurden – eröffnete im KOMM-Haus eine Ausstellung, die an das Leben jener mutigen Menschen erinnert.
Bereits die Vernissage war überdurchschnittlich gut besucht, Interessierte ganz unterschiedlicher Natur kamen miteinander in Kontakt, tauschten sich aus, diskutierten. Initiator Fritz Hundt und KOMM-Haus-Mitarbeiter Uwe Walther waren nicht nur hoch erfreut, sondern geradezu erstaunt vom großen Interesse am »Leipziger Widerstand während der NS-Zeit«.
Vielleicht lag es auch daran, dass sich Hobby-Historiker Hundt dem Thema von einer eher unüblichen, aber sehr emotionalen Seite nähert. Er stellt die Abschiedsbriefe der Zum-Tode-Verurteilten in den Mittelpunkt seiner Ausstellung, hat diese gar mit der Hand auf die großen Tafeln geschrieben, was ihnen eine schauerliche Authentizität verleiht. Ob beabsichtigt oder nicht: Der Betrachter begibt sich beinah zwangsläufig auf die mentale Reise in eine enge Gefängniszelle. Stellt sich vor, wie es sein muss, kurz vor dem eigenen Tod einen Brief an seine Lieben zu schreiben. Wenn Fritz Hundt davon erzählt, bricht seine Stimme, kommen ihm die Tränen.
Wer mit hohen künstlerischen oder historischen Erwartungen ins KOMM-Haus ging, sah diese vielleicht enttäuscht. Aber das Format traf den Nerv der meisten Besucher. Im kleinen Gästebuch finden sich jede Menge lobende und dankende Worte. Fritz Hundt erhielt Anrufe aus München, wo seine Ausstellung vielleicht als nächstes gezeigt wird, er gab Interviews, traf sich mit dem Verein »Geschichte vermitteln«, trat in Kontakt mit der Tochter von Karl Jungbluth, einem der Leipziger Antifaschisten.
Bis zum 16. März kann die Ausstellung noch besucht werden. Dann wird sie mit einer Finissage – unterstützt durch den Bund der Antifaschisten – beendet. Zu dieser hat sich das KOMM-Haus den Leipziger Autor Johannes Herwig (Foto) eingeladen. Ab 18 Uhr wird er aus seinem Roman »Bis die Sterne zittern« lesen. Das Buch handelt von einem Jungen, der sich in Connewitz einer so genannten Meute anschließt (eine kurze Inhaltsangabe finden Sie unten stehend). Der Eintritt ist frei.
BIS DIE STERNE ZITTERN
Johannes Herwig, ISBN 978-3-8369-5955-1
Leipzig, 1936. Am ersten Tag der Sommerferien wird der 16-jährige Harro in eine Prügelei mit Hitlerjungs verwickelt. Unverhofft bekommt er Hilfe von Gleichgesinnten, die wie er nichts mit der Nazi-Ideologie zu tun haben wollen. In dem Jahr, das folgt, ändert sich für Harro alles. Reibereien mit den Eltern und Ärger in der Schule, Nächte am Lagerfeuer, politische Aktionen, erste Liebe. Und über allem die bange Ahnung, dass sein wildes Treiben gefährliche Konsequenzen haben kann.
Die »Leipziger Meuten«, oppositionelle Jugendcliquen, haben Johannes Herwig zu seinem Debüt inspiriert. Kraftvoll, mitreißend und emotional erzählt Herwig vom Erwachsenwerden in einer Diktatur. Die Fragen, die er dabei stellt, sind heute so aktuell wie damals: Mitmachen, sich still anpassen oder Kontra geben?
Johannes Herwig, geboren 1979 in Leipzig-Connewitz, wusste schon als Kind genau, was er wollte: Schreiben. Zunächst studierte er Soziologie und Psychologie und gründete die Filmgalerie Phase IV in Dresden, bevor er sich seiner Berufung widmete und die Arbeit an seinem Roman über die Leipziger Meuten begann. Er lebt in Leipzig. »Bis die Sterne zittern« wurde mit dem Paul-Maar-Preis für junge Talente ausgezeichnet.
Klaudia Naceur