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Leipzig Grün-As Stadtteilmagazin

»Schwerter zu Pflugscharen, Stahlhelme zu Kochtöpfen«

Reinhard Wagenknecht sammelt umgenutzten Kriegsschrott

Seinen ersten aus einem Stahlhelm gefertigten Kochtopf hat Reinhard Wagenknecht auf dem Sperrmüll gefunden. Das ist gut 40 Jahre her. »Dann kam dieses und jenes dazu«, erzählt der Sammler sowie, dass er später gezielt nach solchen Objekten suchte, vor allem auf Trödelmärkten. »Ich bin leidenschaftlicher Trödler.« Bereits als Kind kannte er vergleichbare Sachen, so bewahrte sein Vater die Chemikalien für den Garten in ausgedienten Gasmaskenbehältern auf. Mit einer Milchkanne gleicher Herkunft war der kleine Reinhard seinerzeit selbst auf Achse. »Milch musste in den 1940ern und 1950ern täglich lose geholt werden«, sagt er, »und eine Gasmaske hatte jeder Soldat. Nach dem Krieg gab es deren Behälter im Überfluss.«

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Reinhard Wagenknecht

Trichter, Tassen, Suppenkellen

Sie wurden umgenutzt, Helme zu Töpfen und Sieben, Gasmasken filter zu Kuchenformen, Zucker dosen oder Kerzenleuchtern, Geschossteile zu Trichtern, Tassen und Suppenkellen. Das Wissen wächst mit der Sammlung, meint der Lausener. »Manches sieht man nur, wenn man weiß, worauf man achten muss.« Reinhard Wagenknecht holt eine bemalte Munitionskiste hervor, in der später Spielzeug aufbewahrt wurde, schiebt Alutöpfe, massiv gegossen aus Kriegsschrott, ins Bild, auch einen Futternapf für Kaninchen aus diesem Material. Aluminium ließ sich leicht verar beiten und stand unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg in Form von Flugzeug- oder Fahrzeugteilen auf den Feldern und an Straßenrändern. »Schwerter zu Pflugscharen, Stahlhelme zu Kochtöpfen« – Reinhard Wagenknecht fasziniert die Umnutzung von Kriegsgerätschaften. Während des Kultursommers präsentierte er seine Sammlung in der Villa Sack im Robert-Koch-Park zum ersten Mal, zum Jahresende soll eine zweite Präsentation im KOMM-Haus folgen.

Bewahren, zeigen, erklären

Der 71-Jährige verfügt über Vorher- und Nachher-Exemplare und kann mit allen geduldig und humorvoll umgehen. Im Vordergrund stehe für ihn, etwas zu bewahren, zu zeigen und zu erklären. Kein Wunder, ist er doch 36 Jahre lang Museumspädagoge gewesen, im Grassi-Museum für Völkerkunde. Als Rentner fehle ihm die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, aber auch Erwachsenen regelrecht. »Ich hab' das immer gerne gemacht.« Reinhard Wagenknecht stammt aus der Oberlausitz, aus der Nieskyer Gegend, wie er sagt. Zum Studium kam er nach Leipzig, Pädagogik in der Karl-Heine-Straße. Bevor er ans Museum ging, unterrichtete er Geschichte. Schon immer sammelte er alles Mögliche. Er begann wie so viele mit Briefmarken und entwickelte eine Aufmerksamkeit für ihn interessierende Dinge, was unter anderem dazu führte, dass er bei einem Spaziergang im Wald Teile einer Panzerfaust entdeckte.

Bücher kauft kaum einer

Ab und zu steht er auch mit einem Stand auf einem Trödelmärkt und versucht Bücher zu verkaufen. Davon hat er zu viele, aber die kauft kaum einer. In letzter Zeit seien Kriegsschrott-Angebote »echt rar« geworden, beobachtete Reinhard Wagenknecht. »Woran liegt das?«, fragt er sich. Ist das Interesse daran gesunken, so dass der Verkauf nicht mehr lohnt? Oder ist das Interesse gestiegen, so dass niemand mehr verkaufen, sondern alle nur noch kaufen möchten? Beantworten kann das keiner. Leider, so der Sammler, gibt es auch sehr wenig Literatur zum Thema. Jörg Sachses Veröffentlichung »Aus der Not geboren – Nachkriegsproduktion ziviler Gebrauchsgegenstände aus Fertigteilen der Rüstungsindustrie« bildet die Ausnahme. Reinhard Wagenknecht geht übrigens nach wie vor gern ins Museum – im Grassi-Museum für Völkerkunde allerdings war er schon eine Weile nicht mehr. Dafür wird er bei der Hobbyschau im KOMM-Haus präsent sein und dort am 10. und 11. November Teile seiner Sammlung zeigen.

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