Die Deutschen meckern gern und viel. Die Leipziger bilden da keine Ausnahme und auch die Grünauer nicht. Am 9. Oktober hatten die Stadtteilbewohner die Gelegenheit, ganz öffentlich mal so richtig Dampf abzulassen. Nicht wie üblich in den eigenen vier Wänden, am Stammtisch oder beim Plausch mit dem Nachbarn.

Nein. Direkt auf dem Marktplatz Stuttgarter Allee. An diesem Tag hatte nämlich das große Meckerwelttheater dort Station gemacht. Ein eigens für das Jahr der Demokratie entwickeltes Projekt vom Theater der jungen Welt (TdjW), mit dem die Akteure über die Wochenmärkte der gesamten Stadt tingelten und Stimmen sowie Stimmungen auffangen wollten.

Das jedoch stellte sich als schwierig heraus. Animiert durch witzig-provokante Puppentheaterszenen, die für Grünau durchaus relevante Aspekte, wie Ordnung, Sicherheit, Kriminalität, Armut oder Migration thematisierten, wollte Moderator und Schauspieler Sven Mattke direkt mit den Menschen vor Ort in Kontakt kommen.

Doch die ließen sich nur ganz vereinzelt auf Gespräche ein. Mag es daran gelegen haben, dass sie mit dem plötzlichen Mikro vor der Nase gehemmt waren, oder sie doch ihre Meinung lieber bei Menschen loswerden, die sie kennen oder noch besser in der Anonymität sozialer Medien. Richtig gemeckert hat an diesem für Leipzig so geschichtsträchtigen Tag niemand.

Mehr Erfolg hatten da die beiden Kommunalpolitiker Franziska Riekewald (DIE LINKE) und Karl-Heinz Obser (AfD), die der Einladung des TdjW gefolgt und ebenfalls vor Ort ansprechbar waren. Bei ihnen landeten tatsächlich einige Anliegen der Grünauer. Auch wenn man das als Mini-Erfolg sehen kann, ist es doch schade, dass das im Grunde geniale Konzept, den Menschen auf der Straße direkt Gehör zu schenken, ihre Themen aufzunehmen, mit ihnen, statt über sie zu reden, an dieser Stelle nicht aufgegangen ist. Es lohnt, im Gespräch zu bleiben.