Intervallstudie 2000
Teil 5 - Wie Grünauer wohnen möchten
In unseren Befragungen zum Wohnen unterscheiden wir zwischen Wohnwünschen, Wohnbedürfnissen und Wohnerwartungen. Auch wenn es zunächst verwirrend klingt, hat diese Unterscheidung ihre Berechtigung:
Wohnwünsche trägt jeder seit seiner Kindheit mehr oder weniger mit sich herum, und
sie sind sehr grundsätzlicher Natur wie z.B. »das Häuschen im Grünen«
oder die
»gutbürgerliche
Großstadtwohnung im repräsentativen Altbau«
, die »pflegeleichte Neubauwohnung am Rande der
Stadt«
usw. Wohnwünsche sind stark von den eigenen erlebten Wohnbedingungen geprägt, meist
will man sie beibehalten (wer z.B. auf dem Lande groß geworden ist wünscht sich selten eine
Stadtwohnung) oder man will sie ganz bestimmt verändern, weil die eigenen Wohnerfahrungen nicht
die besten waren (z.B. in Bezug auf den Wohnkomfort).
Wohnbedürfnisse orientieren sich zwar an den Wohnwünschen, sind aber durch die Besonderheiten des Lebenszyklus überlagert: So sind die Wohnbedürfnisse von 20-25-jährigen Ledigen nicht zu vergleichen mit den Wohnbedürfnissen der gleichen Altersgruppe in fester Partnerschaft mit Kind. Erheblich verschieden sind die Wohnbedürfnisse von Familien im mittleren Alter mit schulpflichtigen Kindern von den Bedürfnissen älterer Ehepaare ohne Kinder im Haushalt und nicht zuletzt von Rentnern in 1- oder 2-Personen-Haushalten.
Wohnerwartungen sind dagegen die ganz konkreten und aktuellen Wohnbedürfnisse: Bei der Suche nach einer Wohnung sind zwar die ursprünglichen Wohnwünsche nicht ausgeschaltet, aber die Wohnerwartungen spielen den Schiedsrichter bei Grundsatzentscheidungen wie: Stadt oder Dorf, zentrumsnah oder Randgebiet, Altbau oder Neubau, Eigenheim oder Mietwohnung, Hochhaus oder Weniggeschosser. Erst nach diesem Filter werden Entscheidungen gesucht zur Lage, Größe und Ausstattung der Wohnung, zum Mietpreis, der Eigentumsform und dem zu erwartenden Service sowie zu speziellen Anforderungen an die wohngebietsnahe Infrastruktur. Bestimmte Wohnbedürfnisse wie der Grundriss der Wohnung oder ihr Lärmschutz, Verkehrsanbindung und Infrastruktur werden meist erst dann bewußt, wenn Mängel erlebt werden.
Sowohl im Jahre 2000 als auch 1995 war bei allen befragten Grünauern die bezahlbare Miete
die wichtigste Wohnerwartung von 9 auszuwählenden Merkmalen. Bei den Auszugsgründen der
auszugswilligen Grünauer steht die »zu hohe Miete«
an 2. Stelle nach dem »schlechten
Wohnumfeld«
. Allerdings mußten wir feststellen, dass die Mehrheit der Befragten zwar ihre
Bruttowarmmiete pro Monat angeben konnte (sie liegt bei 63% der Befragten über 20% des
Familiennettoeinkommens), aber nur 31% die Höhe der Betriebskosten pro qm kannten. Die
Betriebskosten sind inzwischen immer stärker dafür verantwortlich, ob das Wohnen teuer oder
preiswert ist: In Leipzig lagen sie 1999 noch zwischen 1,60 und 5,02 DM pro Quadratmeter der
Wohnung mit steigender Tendenz. Allein die Heiz- und Warmwasserkosten werden deutlich steigen,
und es lohnt sich durchaus, über diesen Posten des Haushaltsgeldes nachzudenken und günstigere
Konditionen zu suchen.
Aus der Tabelle geht die Rangfolge der einzelnen Wohnerwartungen hervor. Die Angaben der
Befragten wurden »gewichtet«
, je nachdem, ob das Merkmal auf den ersten, zweiten oder
dritten Platz gesetzt wurde. Leider haben im Jahr 2000 sehr viele Grünauer die Anweisungen
im Fragebogen nicht korrekt befolgt und alle für sie wichtigen Merkmale auf den ersten Platz
gesetzt, so dass die Rangfolge etwas verschoben sein könnte. Die Ergebnisse sind trotzdem
aussagekräftig:
Ein anschauliches Beispiel über den Wandel von Wohnerwartungen im Lebensvollzug ist die Gegenüberstellung von
»bezahlbarer Miete«
und »angenehmen Nachbarn«
nach Altersgruppen: Je jünger, umso mehr
spielt die Miete eine Rolle, je älter umso mehr die Nachbarn (damit außer der notwendiger werdenden Hilfe durch Nachbarn
auch der Schutz vor Lärm im Wohnbereich).
Befragt nach der bevorzugten Wohnform (für eine Mietwohnung) standen Wohnungen in einem Wohnhaus mit weniger Stockwerken und im Einfamilienhaus an der Spitze der Wünsche. Die Differenzierung der Wünsche nach der Geschossanzahl im jetzigen Wohnhaus geht sehr deutlich aus dem Diagramm.
Die sanierte Altbauwohnung im Gründerzeitviertel würden vor allem junge »Wohnanfänger«
wie Auszubildende und Studenten wählen, denen es in Grünau zu »kleinbürgerlich«
zugeht
und die vor allem »events«
und das »Szene«
-Milieu vermissen. Diejenigen, die ein Wohnhaus
mit weniger Stockwerken bevorzugen, haben im Prinzip nichts gegen eine »Plattenwohnung«
.
Prof. Alice Kahl führte im Jahr 2000 die Studie zum Leben in Grünau fort. Grün-As veröffentlichte 2000 und 2001 insgesamt sechs Artikel mit den Ergebnissen der Studie:
Ausgewertet Es geht aufwärts! Wer bleibt - wer geht? Ein guter Nachbar Wohnwünsche Image & Perpektive
Weiter>>>