Intervallstudie 2000
Teil 3 - Wer bleibt - wer geht?
»Es geht wieder aufwärts in Grünau«
- so war der letzte Beitrag über die Ergebnisse der
Befragung im März 2000 überschrieben. Den Wermutstropfen wollen wir aber nicht unterschlagen:
Immer noch wollen viele - vielleicht zu viele - in den nächsten 2 Jahren ausziehen, nämlich 11%
»unbedingt«
und weitere 37% »möglicherweise«
. Das heißt: Fast die Hälfte der Grünauer
trägt sich mit dem Gedanken, aus der jetzigen Wohnung auszuziehen. Die Gründe sind vielfältig,
aber am häufigsten wurden folgende Gründe genannt:
Selbst wenn man davon ausgeht, dass von den noch Unentschlossenen nur die Hälfte ihr
Vorhaben wahr macht, wären rd. 24% potentielle Auszügler in den nächsten 2 Jahren sehr viel.
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass ein Teil der Auszugswilligen bisher trotzdem in Grünau
geblieben ist und auch jetzt nur eine andere Wohnung sucht und vielleicht auch ein anderes
Wohnhaus oder sogar ein anderes Wohngebiet in Grünau bevorzugt. Von allen, die erst nach der
Wende in ihre jetzige Wohnung eingezogen sind, sind 40% sog. »Alt-Grünauer«
, d.h. sehr viele
haben seit 1990 ihre Wohnung innerhalb Grünaus gewechselt. Hier sind die Wohnungseigentümer
gefragt, ihren Mietern nach Möglichkeit die Wunschwohnung anzubieten und den Umzug zu
erleichtern, um sie als Mieter in Grünau zu behalten.
Aus den Befragungsergebnissen kann man erkennen, welchen sozialen Typ die Auszugswilligen in ihrer Mehrheit verkörpern: Es sind vorwiegend die jungen unverheirateten Erstmieter (unter 25 Jahre) mit geringem Einkommen oder die 35- bis 45-Jährigen mit schulpflichtigen Kindern im Haushalt und diese kommen aus allen Einkommensgruppen. Als Auszugsgründe werden häufiger die Miethöhe und Probleme mit der Nachbarschaft genannt und sie wohnen zur Zeit meist in unsanierten Wohnungen, häufiger in Wohnungen der Zwischenerwerber und der LWB. Unter den Wohnkomplexen scheinen die Wohnkomplexe 5.1 und 5.2, 7 und 8 gleichermaßen Schwerpunkte der Auszugswilligkeit zu sein.
Die Abhängigkeit der Auszugswilligkeit von der Qualität der Leistungen und des Verhaltens
der Vermieter wird überaus deutlich. Bei einer Wohndauer zwischen 5 und 10 Jahren ist die
Absicht zum »Gehen«
etwas häufiger als bei Grünauern mit einer kürzeren oder längeren
Wohndauer. Das könnte nach unseren Ergebnissen mit der noch nicht erfolgten Sanierung bzw.
Modernisierung zusammenhängen, denn die Befragten, die kurz nach der Wende eingezogen sind,
wohnen häufiger in unsanierten Wohnungen.
Umgekehrt sind die »Bleiber«
in ihrer Mehrheit mit ihrem Vermieter sehr zufrieden, nämlich
zu 85%! Die Seßhaften sind vorwiegend Ehepaare und Alleinstehende über 45 Jahre und meist
inzwischen wieder ohne im Haushalt lebende Kinder. Sie wohnen schon lange - nämlich über 10
Jahre - in Grünau und verkörpern in der Mehrzahl einen mittleren sozialen Status, d.h. sie
haben ein Haushaltsnettoeinkommen zwischen 2000 und 4000 DM/Monat (ca. 1000 - 2000 Euro) und
eine solide berufliche Ausbildung. Am stärksten ist die Tendenz zum Bleiben in den »alten«
Wohnkomplexen 1, 2 und 3 und bei den Nutzern von Genossenschaftswohnungen ausgeprägt.
Zusätzlich zur Frage nach den Wegzugsabsichten in den nächsten 2 Jahren wurden noch zwei
Fragen gestellt, die ganz allgemein die Grundeinstellung der Grünauer zum Bleiben oder Gehen
abbilden sollen: Zum einen die Frage, ob sie »gern«
aus Grünau wegziehen würden: Nur 22%
antworteten hier eindeutig mit »ja«
, also nur die knappe Hälfte von den potentiellen
Auszüglern! Hieraus kann man wiederum schließen, dass es einen größeren Anteil gibt, der die
neue Wohnung wieder in Grünau suchen wird und Grünauer bleiben will.
Schließlich gibt es
noch die Aussage »Wenn ich mehr Geld hätte, würde ich wegziehen«
. Hier sind die Ergebnisse
differenzierter und nach meiner Meinung sehr aussagekräftig für die Situation in den
Wohnkomplexen.
In der Grafik ist der Anteil der Befragten dargestellt, die der Aussage »völlig«
zustimmen,
d.h. die gar keine anderen Überlegungen für ein Bleiben oder Gehen einbeziehen. Nimmt man noch
den Anteil derer hinzu, die »eher«
zustimmen (als ablehnen), dann sind es allerdings über die
Hälfte - nämlich 57% - die wegziehen würden, wenn es ihre finanziellen Möglichkeiten erlauben
würden. Auffallend sind auch hier die Unterschiede zwischen den »alten«
und den »neuen«
Wohnkomplexen. Andererseits bekunden viele Grünauer trotz der »zu hohen«
Miete im Vergleich mit
anderen Wohnungen in Leipzig ihre Verbundenheit mit Grünau wie z.B. diese arbeitslose
alleinerziehende Grünauerin aus einer LWB-Wohnung im WK 2: »Grünau ist ein schöner Stadtteil
mit vielen Parkanlagen, sicheren Wegen und wenig Verkehr. In den bereits sanierten Wohngebieten
sieht es sehr schön aus. Aber in meinem Hochhaus ist fast alles alt und kaputt…. Für den
Zustand der Wohnungen ist die Miete 723 DM (ca. 369 Euro) viel zu hoch… Ich möchte aber nicht
wieder wegziehen aus Grünau.«
Prof. Alice Kahl führte im Jahr 2000 die Studie zum Leben in Grünau fort. Grün-As veröffentlichte 2000 und 2001 insgesamt sechs Artikel mit den Ergebnissen der Studie:
Ausgewertet Es geht aufwärts! Wer bleibt - wer geht? Ein guter Nachbar Wohnwünsche Image & Perpektive
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