Viel Streit um ein Stückchen Ufer
Neue Runde für den B-Plan Kulkwitzer See
So voll war die Völle schon seit Ewigkeiten nicht mehr. Rund 150 Interessierte waren am 12. November in den Grünauer Freizeittreff gekommen, um sich über das Änderungsverfahren zum Bebauungsplan »Erholungsgebiet Kulkwitzer See« zu informieren und – das wurde schnell klar – ihren Unmut darüber zu äußern. Aber der Reihe nach: In der Ratsversammlung am 22. August wurde der B-Plan nach über zehnjährigem Ringen beschlossen. Den Änderungsantrag der Linken, bei dem es inhaltlich darum geht, drei derzeit private Grünflächen am See für die Öffentlichkeit nutzbar zu machen, wurde dabei übernommen und führt nun dazu, dass die Verwaltung ein erstes Änderungsverfahren zum beschlossenen Papier einleiten musste.
An besagtem Novembertag sollten nun die Bürger frühzeitig über das Verfahren informiert und daran beteiligt werden. Heinrich Neu, Abteilungsleiter im Stadt planungsamt, sprach von einer schwierigen Geburt des gesamten Bebauungsplanes und erläuterte zunächst, warum es überhaupt zum Änderungsverfahren kam, bevor er die drei Uferbereiche vorstellt, die zur Diskussion stehen. Die da wären: Ein Abschnitt an der Schiffsgaststätte, einer an der Wasserski-Anlage und der Strandbereich auf dem eingezäunten Campingplatz. Diese Flächen sollen laut Stadtratsbeschluss von privaten in öffentliche umgeschrieben werden und genau das erzürnt die zahlreich erschienenen Dauercamper.
Lautstark, aber schön der Reihe nach äußerten die mehrheitlich älteren Damen und Herren ihre Bedenken und Befürchtungen, sollte der Zaun weichen und ihr Strandbereich auf der kleinen Halbinsel für alle zugänglich wäre: Angst vor Kriminalität, die ohnehin am See stark angestiegen sei, Sorge vor Müllbergen, Lärmbelästigung, Nichteinhaltung der Mittagsruhe, Funkenflug im Hochsommer durch Feuer- und Grillstellen (»Immerhin haben wir alle Gasflaschen in unseren Wohnwagen und Zelten!«), frei laufenden Hunden und – na klar – Migranten, die sich an keinerlei Regeln halten würden. Und das alles wegen gerade einmal 300 Metern, die überdies auch noch an vielen Stellen mit Schilf bewachsen seien und darum zum Baden ohnehin ungeeignet.
Seepächter und Campingplatzbetreiber Christian Conrad verstand an diesem Abend ebenso wie seine Camper die Welt nicht mehr und mahnte ein Augenmaß seitens der Verwaltung und der Politik an: »Für 300 Meter Strand kann man doch nicht einen gut funktionierenden Campingplatz opfern, der jährlich 60 bis 70 tausend Euro in die Kasse spült. Wir müssen doch auch wirtschaftlich arbeiten.« Sigfried Schlegel, Stadtrat der Linken und maßgeblich für den Änderungsantrag verantwortlich, mühte sich indes vergebens, sein Vorgehen zu verteidigen. Erneut verwies er auf die Regionalplanung, die eindeutig festschreibt, dass Uferbereiche eben freizuhalten wären. Die Camper erreichte er mit diesem Argument jedenfalls nicht, sondern wurde vielmehr verbal hart angegangen.
Fazit der Veranstaltung: Die Verwaltung nahm Stimmen und Stimmungen des Abends mit und wird den Stadtrat über den bekundeten Bürgerwillen informieren. »Dann«, so Heinrich Neu, »wird entschieden, wie es weitergeht.« Grün-As bleibt dran.
Klaudia Naceur